HEIDESHEIM – Gleich zu Beginn der Sitzung des Heidesheimer Carneval Vereins nahm Sitzungspräsident Stephan Schmidt auf das Thema Bezug, das die Heidesheimer in letzter Zeit am meisten bewegt: die Eingemeindung nach Ingelheim. „Möge Gott Jokus uns begleiten in wunderbare Zeiten“, gab er den Blick auf eine, so hofft er jedenfalls, goldene Zukunft frei.
Politik
Rainer Sänger steht nun schon seit einigen Jahren als „Bajazz“ auf der Bühne und hält in geschliffenen Versen der Politik den Spiegel vor. Er warf einen Blick zurück auf die Landtagswahlen in Hessen und Bayern, sah im rheinland-pfälzischen Nachbarland eine Koalition aus Verlierern von CDU und Grünen am Ruder und prognostizierte der CSU, sollte sie so weiter machen wie bisher, einen weiteren Abwärtstrend auf nur noch zehn Prozent. In der Affäre um den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten bezog Sänger ganz klar Position: „In diesem Amt, ganz ohne Stuss, man den Mann entfernen muss“. Aber das war noch nicht alles von und mit Rainer Sänger: Zusammen mit Tochter Nina stand er zum letzten Mal nach 24 Jahren als „Gassekehrer“ auf der Bühne und glossierte das Heidesheimer Ortsgeschehen. So wie die Akzeptanz der neuen Mitfahrerbänke: „Hat man da schon mal jemanden sitzen sehen?“ Und für einen Kalauer auf Kosten der Wackernheimer waren sich die beiden „Gassekehrer“ auch nicht zu schade: „Auf der Bank hat drei Wochen lang ein Toter gesessen. Der wollte nach Waggernum“. Kultstatus attestierte Stephan Schmidt den beiden Heidesheimer Fastnachtslegenden.
Kokolores
Kult ist auch Peter Winter. Sein Auftritt als „Conchita Wurst“ im eng anliegenden, knallroten Kleid, seine mit dem Sektglas in der Hand ins Mikrofon gehauchten „Stößchen“, sind längst zu seinem Markenzeichen geworden. Seine Texte kommen schlüpfrig daher, ohne die Grenzen des guten Geschmacks zu überschreiten. Er muss gar nicht viel tun, um die Zuhörer zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Auf ganz andere Weise, subtiler und mit trockenem Humor, brachte Hiltrud Hufnagel das Publikum zum Lachen. Sie trauerte immer noch ihrem verstorbenen Mann Karl-Heinz nach und schilderte ihre Erlebnisse vom Friedhof, „einem einzigen Heiratsmarkt für Witwer und Witwen“: „Das ist Parship für Senioren“.WER WAR NOCH DABEI?
In der Bütt: Gerd Brömser als „Ehemann“, Diethard Engel als „Buchhalter“
Musik: Rheingold Show&Brass Band Mainz (Stabführung Jeanette Rosenbaum), Birgit Menger, „HeDieMeenzer“, „Unstoppables“.
Show: Die Sportakrobaten vom SAV Laubenheim (Trainerin Dana Saiko).
Tanz
Showtanz vom Feinsten bot die Formation aus Strinz-Margarethä (Leitung Andrea Enders) unter dem Motto: „Im Bann von Feuer und Eis“. Ihnen stand die Tanzgarde der Narrenzunft Gelb-Rot Koblenz in nichts nach. Die 25 jungen Tänzer und Tänzerinnen zeigten atemberaubende Hebefiguren. Es war ein Auftritt mit einer Spur Wehmut: Trainerin Ellen Friedrich-Gaul nimmt nach 34 Jahren Abschied von der Narren-Bühne. Er ist ein Multitalent, ein hervorragender Sänger und ein begnadeter Entertainer. Die Rede ist von Christoph Seib, der mit seinem Auftritt in der HCV-Sitzung das Publikum von den Stühlen riss. Er präsentierte sich unter anderem mit einem Potpourri aus verschiedenen Musicals zu eigens von ihm geschriebenen Texten. In intergalaktischen Kostümen kamen die drei „Altrheinstromer“ daher und verkündeten: „Im All, da schwebt der Wein direkt mit dem Raumschiff ein“.
Fazit
Es war eine spritzige, bunte und mit vielen Höhepunkten gespickte Sitzung des HCV, die die Narren sechs Stunden lang im „Schönborner Hof“ unter der gewohnt launigen und souveränen Leitung von Stephan Schmidt geboten bekamen.